Sobald Worte wie Stress und Krise fallen, lässt das Wörtchen Achtsamkeit nicht lange auf sich warten.
Es ist in aller Munde.
Doch was macht es mit uns? Bei den einen löst es eher ein übersättigtes Weghören aus: nach dem Motto einer überreizten Leier, die zu den Ohren heraus hängt. Wiederum bei anderen wird es nahezu stilisiert und ernannt zum „Heiligtum und Allheilmittel“ im Kampf gegen eine immer schneller werdende Digitalisierung, Informationsflut und dem altbekannten Hamsterrad einer Leistungsgesellschaft. Es geht bis hin zur zielgerichteten Verheißung: Achtsamkeit möge zu mehr Entspannung auf dem Weg ins großes Glück verhelfen.
Was ist nun Achtsamkeit?
Die Wurzeln finden sich im Buddhismus. Bereits vor 2600 Jahren lehrte Buddha in seinen Schriften Achtsamkeit. Reisen wir zurück, so heißt Achtsamkeit auf Pali „Sati“, was „sich erinnern“ bedeutet. Sich an die Kultivierung einer bestimmten Geisteseigenschaft erinnern, für die es wiederum ein offenes Gewahrsein im Hier & Jetzt braucht. Die Aufmerksamkeit absichtsvoll und nicht wertend auf den gegenwärtigen Moment lenken. Achtsamkeit bedeutet nicht Entspannung und schließt Leid und schmerzvolle Empfindungen freundlich, milde, in Großzügigkeit und Gleichmut ein.
Es ist keine reine Beobachtung. Achtsamkeit ist ein Feld der Praxis durch ein tägliches Üben im Alltag (informelle Übung) und durch bewusste Körperwarhnehmungsübungen sowie Meditationsübungen im Sitzen, im Gehen, im Stehen und in der Bewegung. Beide Übungsformen bestärken und bedingen sich wechselseitig. In der praktischen Übung und Selbsterforschung kultivieren sich Qualitäten des Geistes und des Herzens in einer freundlichen und mitfühlenden Art und Weise mit Anfänger*innengeist. Wo halte ich fest? Wann bewerte ich? Wie zeigt sich gerade meine Ungeduld?
Es ist eine Abenteuerreise ohne Ziel mit Hindernissen. Linda Lehrhaupt, eine erfahrene Achtsamkeitsleherin schreibt: „Achtsamkeitpraxis ist die Praxis des Daseins. Wir üben mit dem zu sein, was da ist.“ Es ist ein tägliches Üben, die eigene Unvollkommenheit von mir und anderen anzunehmen. Vertrauen zu finden und stärken in das eigene Ein- und Ausatmen als Verbindung zwischen mir in meiner Körperlichkeit mit Gedanken und Gefühlen und Welt im organischem Gleichgewicht zwischen innen und außen.